Zum Film:

Autoamok mit Fragezeichen
 
Der Film "Grenzpunkt Null" bietet dem Zuschauer vieles von dem, was er gern sieht: Aktion, eine kriminalartige Geschichte, Milieu, das an den Western erinnert. Hinzu kommen allerdings jugendliche Typen, wie sie die kapitalistische Gesellschaft hervorgebracht hat: Hippies, Anhänger der Jesus-Welle, Rauschgifthändler, das nackte Mädchen, das sich anbietet, Polizeibüttel, dazu die Pop-Musik.
 
Im Film geschieht kaum etwas anderes als eine Amokfahrt durch drei US-Bundesstaaten. Der Held der Geschichte ist ein Mann namens Kowalski. Er putscht sich mit Drogen auf und schließt eine Wette ab, nach San Francisco zu fahren, in einer Zeit, die selbst mit seinem frisierten Auto nicht zu schaffen wäre. Die Polizei wird auf den Rasenden aufmerksam. Aus einer harmlosen Verkehrskontrolle entwickelt sich die Polizeijagd ganzer Stäbe mit allen Mitteln der Technik.  
 
Kowalskis Jagd hat keinen Sinn. Sie soll ihm lediglich die Genugtuung geben, besser zu sein als seine Verfolger. Im rasenden Rausch fühlt er sich frei. Die Randtypen, denen er begegnet, sind ein Stück von ihm, oder aber sie sehen in ihm einen Mann, der es wagt, die Freiheit, seine Freiheit, eine Außenseiter-Freiheit, öffentlich zu bekunden. Sie sehen in ihm einen Mann, der mehr "Mut" hat, als sie selbst. Deshalb sind ihm einige behilflich, ohne ihm und sich wirklich helfen zu können. Dieser Film ist nach Hollywood-Rezept gefertigt, will aber mehr sein. Offensichtlich möchten ihn seine Hersteller als Symbol verstanden wissen, als ein Symbol für den Teufelskreis, aus dem die Jugend US-Amerikas nicht herausfindet. Dafür sprechen einige, äußerst knappe, nicht sofort deutbare Erinnerungsfetzen des Kowalski. Er war Rennfahrer. Erfolglos. Mit der Raserei hat er zunächst wesentlich mehr Erfolg. Mit List und fahrerischem Geschick schüttelt er immer wieder seine Verfolger ab. Dabei geht er, wenn es sein muß, über Leichen. Das hat er in Vietnam gelernt. Da er kaum darüber spricht, nur über Narben, die noch schmerzen, soll der Zuschauer spüren, was in diesem Manne vorgeht, der eine gescheiterte Jugend hinter sich hat, die sich auch nicht bessern konnte, als er Kriminalpolizist wurde. Hier wurde ihm sein Gerechtigkeitssinn oder einfach die Ritterlichkeit zur Frau zum Verhängnis. Auch das zählt zu seiner Jugend: eine Liebe, die sich nicht erfüllte, nicht erfüllen konnte.